Danksagung zu meinem 80. Geburtstag

10.09.2021

Zunächst einmal ein großes Dankeschön an diejenigen, die mir diese grandiose Überraschung bereitet haben – Fraktion und OV – und besonders an Euch Helga und Alwin! Ich habe diesen 2. September in allen Facetten erlebt, wunderschöne Tage und Tage, an denen ich nicht geglaubt habe, dass eine Nacht so dunkel sein kann.

Auch historisch ist dieses ein besonderer Tag, wenn auch kein deutscher Schicksalstag wie der 9. November. Das gravierendste Geschehen dieses Datums betrifft das Jahr 1870 – die Schlacht bei Sedan, in der Preußen und seine Verbündeten Frankreich in die Knie zwangen, mit schwersten Folgen für die europäische Geschichte. Deutscher Überschwang ließ den preußischen Kanzler Bismarck seinem König die deutsche Kaiserkrone andienen – im besiegten Frankreich, in Versailles, dem Sitz der französischen Kaiser. Die Folgen dieser Demütigung: Hass und Verbitterung in Frankreich, der sich 1918 in den Friedensbedingungen von Versailles austobte. (Schandfrieden der Nazis). Zuvor hatte Deutschland den Waffenstillstand in einem Eisenbahnwaggon im Wald von Compiegne unterzeichnen müssen. Genau in diesem Waggon nahmen die Nazis dann Rache und ließ die Franzosen dort 1940 den Waffenstillstand unterzeichnen. Hitler auf dem Höhepunkt seiner Macht. 90 Jahre dauerte es, bis das Verhältnis beider Völker wieder eine Normalität erreichte (Schuman-Plan, Montan-Union, EWG als Vorläufer der heutigen EU).Die letzte 56 Mio. DM Reparationszahlung wurde von der Bad Homburger Schuldenverwaltung  2010 an Frankreich überwiesen.

Für den 2. September wurden weiterhin schon früh als bedeutend notiert:

31 v.Chr: Die Flotte von Kaiser Augustus besiegt bei Actium die Flotte von    Kleopatra und ihrem Antonius

1192:  Der Frieden zwischen Richard Löwenherz und Saladin, dem Emir von Ägypten und Syrien beendet den 3. Kreuzzug

1666 : Das Großfeuer von London – ausgebrochen in der Königlichen Bäckerei in der Pudding-Lane – beendet auch die Pest. Betroffen waren 13200 Häuser und 87 Kirchen, aber die Ratten verbrannten ebenfalls

1900: In Preußen wird Sexualkunde als Schulfach eingeführt

1944: Der amerikanische Finanzminister Henry Morgenthau legt den nach ihm benannten Plan zur Deindustrialisierung Deutschlands vor. Nur noch Landwirtschaft sollte für Deutsche erlaubt sein. Ein frühes grün-rotes Wahlprogramm, das damals nicht zum Zuge kam, weil die Vernünftigen es negierten, ein 80 Millionen Volk ohne Kaufkraft zu stellen. Hätte solcher Unfug Erfolg gehabt, würde vermutlich Klaus Scheuermann heute ganz Groß-Umstadt bewirtschaften und die Worte von Julia Klöckner, der Schutzheiligen der Bauern hätten Bedeutung: „Wir werden die Landwirte nicht im Regen stehen lassen“. Wie hat aber schon der liberale Altvordere Wolfgang Gerhardt gesagt:„Lieber mit den Richtigen im Regen stehen, als mit den Falschen in der Sonne liegen“.

1945: Das Ende deszweiten Weltkrieges. Japan unterzeichnet auf dem Schlachtschiff „Missouri“ in der Bucht von Tokyo den Waffenstillstand.

Es hat 1941 also etwas schwierig mit mir angefangen. Aber ich hatte ja meinen Bruder Klaus, der alle schlechten Erfahrungen machen musste, so dass wir zwei anderen sie nicht unbedingt zu wiederholen hatten.

Heute leben Generationen, die nichts Anderes als 75 Jahre Frieden kennen. Das wird dann manchmal so beschrieben:

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus, sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität,

hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwätzt, wo sie arbeiten sollte“.

(Sokrates, über den Staat – vor 2400 Jahren)

So ist das mit der Moderne. So war es zu allen Zeiten und wird immer so sein, denn die Menschheit ändert sich nicht. Wer versucht hat, den Menschen zu ändern, umzuerziehen, hat über kurz oder lang Schiffbruch erlitten. In den 80 Jahren habe ich einige solcher Versuche mitbekommen (Hitler mit seinen Ariern nicht so richtig, Mao-tse-tung in China – siehe Mao-Bibel-, Pol Pot mit seinen roten Khmer in Kambodscha, die Kommunisten in Kuba und Moskau, die Amerikaner in Somalia). Alle haben geglaubt, sie könnten Menschen nach ihren Vorstellungen zurechtbiegen, aber es blieb bei dieser Illusion. Seit Ur-Christen-Zeiten ist es immer die gleiche Revolution: Die Guten gegen die Bösen. Es ist immer nur die Frage: Wer sind die Guten, wer die Bösen. Und wenn sie Revolution gemacht haben, haben sie sich zunächst die Taschen gefüllt. Raffgier, Neid, Hass, Geltungsbedürfnis, Rücksichtslosigkeit, aber auch: Freundschaft, Liebe, Hilfe, Vernunft, Dankbarkeit, Verzicht und Verzeihen sind der menschlichen Natur zu allen Zeiten immanent. Alles Geschehen kann darauf zurückgeführt werden. Deshalb wird die ideale Regierungsform, die gute Diktatur wie sie einst dem griechischen Staatsdenker Plato vorgeschwebt hat („Ich werde lieber von guten Menschen regiert, als von guten Gesetzen“), immer eine Schimäre bleiben, ein idealistischer Hoffnungsglaube. Das Thema habe ich schon im Abitur-Aufsatz behandelt und bin auch 60 Jahre danach nicht klüger geworden.

Und sicher hat Mark Twain (Tom Sawyer/ Die Abenteuer des Huckleberry Finn))recht, wenn er verlauten ließ: „Das Leben wäre unendlich glücklicher, könnte man mit 80 zur Welt kommen und sich dann langsam den 18 nähern“. Auch ich habe davon geträumt, noch einmal den jungen Fritz Roth zu treffen um ihm zu sagen, wie die Dinge liegen. Aber da war immer nur der alte, mit seiner altmodischen Liebe zu Büchern und Musik. So stehe ich heute da.

Die FDP-Bundespartei besteht demnächst 75 Jahre. Zwei-Drittel davon habe ich mitgemacht. Mein besonderes Augenmerk galt immer der Bürokratie. Ich werde nicht vergessen, wie ich einst unserem hessischen Innenminister Ecki Grieß gegenüber gesessen habe mit 32 Vorschlägen, welche Gesetze und Verordnungen er aufheben könne, ohne dass die Bevölkerung überhaupt merke, dass sie bestanden hätten (Die Verordnung über die Beringung von Enteneiern und anderes mehr). Viel zu häufig bin ich so von Bedenkenträgern umgeben gewesen, die eines nicht begriffen hatten und haben: Ausführungsbestimmungen sind Erklärungen zu den Erklärungen, mit denen man eine Erklärung erklärt. Die Bürokratie ist der größte Feind der Freiheit, aber meine FDP macht mir zu wenig verständlich, wie sie dieses Erzübel der Demokratie bekämpfen will. Dabei gilt doch nach wie vor: Unter den kleinsten Steppdecken kann der größte Depp stecken. Wie viele Sportstätten im Landkreis Darmstadt-Dieburg ständen heute nicht, wenn die damalige Bauverwaltung auf das Komma geschaut und nicht das Große und Ganze gesehen hätte (Sporthalle des TV Heubach, Seeheimer Tennisplätze, Reithalle in Erzhausen, Reithalle in Traisa u.a.m.). Ich entsinne mich auch gerne daran, wie mein Freund von Trotha dem RP zwei Container Bauschutt vor die Haustür gekippt hat(Wierscher). Der drohte mir als zuständigem Dezernenten die Rechnung zu schicken. (Meine Gegenfrage:Wohin lassen Sie denn entsorgen?). Bis heute weiß er nicht, wer es war und eine Rechnung habe ich auch nicht bekommen. (Verdi-Streik wäre sofort zu Ende, wenn die nicht entsorgten Mülltonnen den Verdi-Bediensteten in den Vorgarten gekippt würden). Aber zurück zur Gegenwart: Wie sich Bürokratie auswirkt, hat sich in Afghanistan gezeigt – Vorschriften statt Verständnis für das Land. Beispiel für Hessen: Die Grünen haben Deutschland sicherer gemacht. Die russischen Panzer dürfen wegen des Diesel-Fahrverbotes nicht in die Innenstädte. In Groß-Umstadt habe ich gelernt: Wer 4-5 Flaschen Wein Kabinett in seinem Keller hat, hat relativ wenig. Wer 4-5 Flaschen in seiner Regierung hat, hat relativ viel. Aber auch: „Fährt den Traktor mehr als einer, war`s am Ende immer keiner“. Dieses Auseinanderklaffen von Handeln und Verantwortung dafür bringt unsere Demokratie ins Wanken und macht mir für die Zukunft Sorgen. Überhaupt gibt es im Augenblick viel Durcheinander, das man vielleicht so beschreiben kann:

„ Die Leute finden es ganz cool, bekloppt zu sein in Liverpool. So wundert`s nicht wenn man beteuert, lieber dort zu sein als hier bescheuert. Den Markus Söder kann man feiern als den Prinzen Charles von Bayern. Und auch grün-rot liebt England sehr, kein Wunder, da herrscht Linksverkehr“.  

Soweit ein kurzer Rückblick auf eine erlebnisreiche Zeit. Wer sich betreten fühlt, den möchte ich darauf hinweisen, dass sich ihr persönlicher C02- Ausstoß bei Aufregung deutlich erhöht.

Vielen Dank Ihnen allen.

Ihr Fritz Roth

Bundestagsabgeordneter Till Mansmann bei seiner Festrede

Der Männergesangsverein bei seinem Ständchen