Schuldenbremse
Sechs Gründe für die Schuldenbremse
Die Sinnhaftigkeit der Schuldenbremse wird regelmäßig infrage gestellt. FDP-Chef und Finanzminister Christian Linder nennt sechs Gründe, weshalb solide Finanzen zwingend notwendig sind.
In einem Gastbeitrag für den „Spiegel“ dekliniert der Finanzminister durch, weshalb die Schuldenbremse insbesondere in haushälterisch herausfordernden Zeiten essentiell für nachhaltig stabile Finanzen ist. Neben den Vorgaben in der Verfassung verweist er auf den Grundsatz der Generationengerechtigkeit. „Die Schuldenbremse hat eine höhere Weisheit. Sie zwingt politische Entscheiderinnen und Entscheider zu wirklicher Verantwortung. Jedem alles immer zu versprechen – das erlaubt sie nicht“, schreibt er dazu.
Zudem schütze sie die Handlungsfähigkeit des Staates: „Eine höhere Verschuldung engt zunehmend die Spielräume des Staates durch höhere Zinsausgaben und die von den Finanzmärkten bestimmten Grenzen der Verschuldung ein“, argumentiert der Finanzminister.
Die Schuldenbremse ist im Grundgesetz verankert
„Die Achtung der Fiskalregeln liegt nicht im Ermessen des Finanzministers oder der Haushaltspolitiker der Koalitionsfraktionen“, stellte Lindner klar. Die Schuldenbremse sei im Grundgesetz verankert und könne nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit wieder daraus entfernt werden. Für eine Aussetzung müssten außergewöhnliche Notlagen herrschen und das Bundesverfassungsgericht müsste dies darüber hinaus noch überprüfen, erläuterte er. „Der Etat ist ein Tanker, der sich auf langfristige Aufgaben einstellen, aber nicht ad hoc wenden kann.“
In seiner Rolle als Finanzminister habe er bereits Ausnahmen von der Schuldenbremse begründet und beantragt, erinnerte Lindner an die Preisbremsen für Energie im vergangenen Jahr. Der dafür genutzte Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds sei jedoch zweckgebunden und zeitlich begrenzt. Eine Umwidmung in einen „Industriestrompreis“ sei rechtlich ausgeschlossen.
Die Schuldenbremse schützt die staatliche Handlungsfähigkeit
„Eine höhere Verschuldung engt zunehmend die Spielräume des Staates durch höhere Zinsausgaben und die von den Finanzmärkten bestimmten Grenzen der Verschuldung ein“, schreibt der Finanzminister. Deutschland habe die fiskalische Trendwende vermutlich geschafft. „Nach über 69 Prozent Schulden im Vergleich zur jährlichen Wirtschaftsleistung im Jahr 2021 sinkt die Quote in diesem Jahr auf 65 Prozent. Und das Defizit wird statt wie ursprünglich prognostiziert bei 4,25 Prozent vermutlich bei deutlich unter 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen.“ Er stellte klar: „Wenn die deutschen Anleihen weiterhin der ‚Goldstandard‘ sind, dann spart das den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern Geld.“
Die Schuldenbremse erzwingt klare Priorisierung
Für den Finanzminister verfängt das Argument, die Einhaltung der Schuldenbremse würde Investitionen bremsen nicht: „Tatsächlich werden wichtige Vorhaben in der Regel nicht durch mangelnde Haushaltsmittel gebremst, sondern durch Verwaltungsverfahren.“ Ohne die nötigen Kapazitäten helfe mehr Geld auch nicht. Lindner warnte: „Der ungestillte Appetit, immer mehr staatliche Mittel einzusetzen bei begrenzten Kapazitäten, würde Mitnahmeeffekte provozieren, Preise treiben und private Vorhaben verdrängen, weil sich alle Anbieter auf den Renditeturbo Staatshaushalt fokussieren würden.“
Die Schuldenbremse ist keine Wachstumsbremse
„Deutschland braucht höhere Investitionen, allerdings erfolgen die meisten Investitionen nicht durch den Staat, sondern im privaten Sektor. Für sie müssen wir die Rahmenbedingungen verbessern, denn Kapital wird nur dann mobilisiert, wenn es sich rentiert“, unterstrich der Finanzminister. Dafür müssten Bürokratie abgebaut, Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt, die Einwanderung von Fachkräften erleichtert, Freihandel ermöglicht und Forschung und Entwicklung gefördert werden.
Die Forderung, Konjunkturprogramme auf Pump zu finanzieren, blende die Inflation und die angebotsseitigen Engpässe aus, kritisierte Lindner. Deutschland verfolge eine moderat restriktive Fiskalpolitik, um einen weiteren Anstieg der Zinsen und negative realwirtschaftliche Effekte zu verhindern.
Die Schuldenbremse fördert den Klimaschutz
Auch bei der Forderung, die Schuldenbremse auszusetzen, um die Transformation hin zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft zu finanzieren, plädiert der Finanzminister für Maß und Mitte. „Natürlich sind gezielte staatliche Finanzhilfen in transformativen Bereichen erforderlich. Sie sollten allerdings im Rahmen der Schuldenbremse ermöglicht werden.“ Es sei nicht ratsam, alle Veränderungsprozesse am grünen Tisch mit staatlichen Plänen steuern und über Subventionen finanzieren zu wollen. „Wir sollten stärker auf marktwirtschaftlichen Ideenwettbewerb und Erfindergeist setzen und darauf vertrauen, dass dadurch der Klimaschutz beschleunigt wird. Der CO₂-Emissionshandel ist das richtige Instrument, um deren Kraft in den Dienst der natürlichen Lebensgrundlagen zu stellen.“
Die Schuldenbremse ist generationengerecht
Die deutsche Gesellschaft altere und stehe damit vor großen Herausforderungen, etwa durch geopolitische Veränderungen oder ambitionierten Klimaschutz, betonte Lindner. Angesichts dieser Entwicklung sei es schwer, die Wertschöpfung hochzuhalten. Er machte deutlich: „Umso mehr wiegt die Last der Staatsverschuldung auf den Schultern einer geringeren Zahl an wirtschaftlich aktiven Menschen. Sie würde schwerer wiegen als heute oder in der Vergangenheit.