Wahl-Analyse Kommunalwahl am 14. März 2021
Ausgangslage:
Die allgemeine Stimmung war für die FDP generell positiv. Es kamen eine Reihe von positiven Zuschriften, persönlichen Meldungen und sogar öffentliche Stellungnamen zugunsten der FDP. Auf der Stadt-Liste kandidierten vier Nichtmitglieder. Im Gegensatz zu Nachbargemeinden muss sich die FDP hier gegen eine starke BVG – traditionell getragen von Landwirten und Gewerbe und eine auf die SPD-ausgerichtete starke portugiesische Gemeinde (Portugiesischer Club) behaupten. Stadtverwaltung, Sparkasse und Sozialeinrichtungen sind kräftig sozialdemokratisch ausgerichtet. Vom Ortsgewerbeverein war kaum Unterstützung zu erwarten.
Wahlverlauf
Wegen der Corona-Pandemie erhielt die Briefwahl ein deutliches Übergewicht. Sofort nach Eröffnung hatten Mitte Februar bereits 2560 Personen davon Gebrauch gemacht (Magistratsmitteilung des Bürgermeisters). Am Ende waren es über 6500. Die Zahl der Wahlberechtigten war auf 17277 angestiegen. Davon haben 9354 gewählt, also ca. 52% (gegenüber 48% 2016).
Die FDP hat Mitte Januar mit der Briefkastenwerbung begonnen, um nicht in die Materialschlacht der Anderen hineingezogen zu werden. Diese begann ca. Mitte Februar. Wie von den Grünen wurden auch von der FDP neben den zwei sehr wirksamen „Wesselmännern“ nur wenige Plakate aufgestellt, leider in Dorndiel und Wiebelsbach gar keine. Das muss beim nächsten Mal besser koordiniert werden- nicht viel mehr, aber in jedem Ortsteil bemerkbar prägnant. Die Massenplakatiererei wird von vielen Bürgern ungern gesehen und bringt auch keinen Erfolg. (siehe Minus von SPD und CDU, Stillstand der BVG, Zuwachs bei Grünen und FDP).
Eine Wahlkampfverlagerung im Vertrauen auf die „Sozialen Medien“ bringt nur höchst bedingt Erfolg. Wo man sich darauf verlassen und sogar excellent betrieben hat, blieb jeglicher Erfolg aus (siehe FDP-Ober-Ramstadt und-Otzberg minus 8% – Verlust von zwei Sitzen). Die beste Wahlwerbung ist nach wie vor die persönliche Ansprache der Bürger – in welcher Form auch immer – und der persönliche Einsatz der Mitglieder. Wer nicht brennt, steckt andere nicht an.
Fazit: Wenn sich die Partei und die von ihr getragene Fraktion in der jeweiligen Legislaturperiode keine positive Stimmung erarbeitet hat, kann der Wahlkampf nicht mehr viel bewirken (siehe das Ergebnis der Kreis-FDP: Trotz der guten Arbeit von M.Sauer wurde das Ergebnis von 2016 gerade einmal so gehalten – unter Landesdurchschnitt).Natürlich spielt die allgemeine Stimmungslage eine Rolle, auf der kommunalen Ebene allerdings keine „kriegsentscheidende“, wenn vor Ort gut gearbeitet und die Leistung bekannt gemacht wurde (siehe die seit Jahren starken FDP-Ergebnisse in Hessen – Seligenstadt, Steinbach/Ts, u.a.m.).
Der „Odenwälder Bote“ spielt in Groß-Umstadt eine erhebliche Rolle im Wahlkampf. Er wird in dieser Zeit besonders viel gelesen. Diesen Wahlkampf-Faktor darf man nicht vernachlässigen, denn er kann Unentschlossene durchaus beeinflussen. Gegenüber den plakativen Sprüchen der Konkurrenz kamen die Kleinanzeigen der FDP gut an, so dass wir zu mindestens wirksam „mitgehalten“ haben.
Wahlergebnis
Die FDP hat mit 22.769 zu 22097 (2016) einen Stimmenzuwachs von 672 Stimmen zu verzeichnen, der sich aber wegen der höheren Wahlbeteiligung und höherer Wahlberechtigung weder prozentual noch in der Sitzverteilung niederschlug, sondern die drei Sitze von 2016 erneut bedeutete. Aber sie ist damit zu einem echten Faktor und Ansprechpartner in der Groß-Umstädter Kommunalpolitik geworden. Das hat 15 Jahre gedauert, aber ein Baum wächst langsam und braucht seine Zeit, um kräftig zu werden. Wenn man lange Jahre allenfalls außerparlamentarisch agieren musste, spielt man in den Überlegungen der Bürger keine Rolle. Das ist jetzt anders geworden.
Bisher war die FDP in den Ortsbeiräten Kernstadt (Frieder Jahn)und Klein-Umstadt (Roswitha Kreher) vertreten. Diese Positionen konnten gehalten werden (Sven Behrends für die Kernstadt und Alwin Kreher für Klein-Umstadt).Darüber hinaus gab es einige kleinere Besonderheiten. In Dorndiel lag die FDP vor der SPD (Ernst Oberle/Ortsbeirat), im Wahlbezirk 4 (Geiersberg) vor der CDU (mit dem besten FDP-Ergebnis von 16,4%). Beachtlich auch die Ergebnisse in Kleestadt und Raibach, aber enttäuschend im Wahlbezirk 12 (Klein-Umstadt) mit minus 4%.
In der Spitze der Liste wurden verminderte Stimmen erzielt, aber dafür gab es bis Listenplatz 10 (A. Lemmerz) herunter über 1000 Stimmen. Junge Wähler haben junge Listenkandidaten gewählt (siehe u.a. das gute Ergebnis von Hannah Dietz).
Zusammenfassung
Der FDP-Landesdurchschnitt von 6,6% (plus 0,2) wurde in Groß-Umstadt überboten. In immer noch traditionellem Verständnis wählen die Groß-Umstädter ihren Bürgermeister, sei es was da wolle (anders bei der BM-Direktwahl). Die SPD hat wohl deshalb nicht so viel verloren, wie im Landes-Durchschnitt, aber zum 4.Mal hintereinander einen Sitz eingebüßt. Die CDU hat zum 5. Mal hintereinander Verluste eingefahren und wohl nur durch die hohe Briefwahl-Teilnahme diesmal keinen Sitz verloren (siehe Differenz zwischen Trendergebnis – minus 2 Sitze – und Endergebnis). Die BVG hat ihr Potential weitgehend ausgeschöpft (zweimal hintereinander fast das gleiche Ergebnis). Die Grünen haben nicht so viel zugelegt (4%), wie befürchtet. Das Stadt-Land-Gefälle ist bei ihnen generell evident. Die FDP hat ein noch höheres Potential (siehe BT-Wahl 2009 – 16,2%), muss es aber durch deutliche Akzente ihrer Arbeit auch erschließen und weiterhin zeigen, was den Unterschied zu den politischen Mitstreitern ausmacht. Die Mitwirkenden müssen vor allem im Hinblick auf 2026 gut und besser bekannt werden. Der Generationenwechsel und der Zuzug neuer Bürger können Anlass zum Optimismus geben.
30. März 2021 – Fritz Roth