Die FDP schenkt(e) reinen Wein ein

„Wir wohnen in dem schönsten Land auf Erden, von Gottes Segen voll. Doch müssen wir noch all zu Bettlern werden – durch den verdammten Zoll!“ Nein, diese Klage gilt nicht der amerikanischen Wirtschaftspolitik und sie stammt auch nicht vom Juni 2025, obwohl sie am Abend des 18.06.25 auf der Terrasse des Weinberghäuschens Brücke-Ohl hoch oben über den Dächern unseres schönen Groß-Umstadt vorgetragen wurde, vorgetragen von Prof. Dr. Ewald Grothe. Ihn, den Leiter des Liberalismus-Archivs der Friedrich- Naumann-Stiftung für die Freiheit, hatte der Ortsverband der FDP Groß-Umstadt eingeladen, um die historischen und thematischen Bezüge zwischen Weinbau und Liberalismus aufzuzeigen.
Und die zahlreich aus dem Landkreis und darüber hinaus erschienenen Besucher staunten nicht schlecht, zu erfahren, wie viele Winzer aus dem Rheingau, aus Rheinhessen und der Pfalz seit nunmehr 200 Jahren als selbstbewusste Unternehmer für die Idee der Freiheit und gegen jegliche staatliche Bevormundung aufgetreten waren. Schade, dass ausgerechnet Fürst Metternich, aus dessen Weingut auch der gleichnamige berühmte Sekt stammt, mit seinem Schloss Johannisberg im Bewusstsein der Nachwelt präsenter geblieben ist, war er es doch, der mit Zensur, Bespitzelung und Berufsverboten die Restauration durchsetzte und den Siegeszug der Ideale der Französischen Revolution um Generationen aufhielt.
Unterstützt durch massenhaft aus Russland und aus den von ihm besetzten Nachbarländern Geflüchtete – nein, wir reden nicht von 2023, sondern von 1832! – waren die freiheitsliebenden Aufständischen schließlich auf Schloss Hambach in der Pfalz gezogen, um u.a. mit dem eingangs zitierten Winzerlied gegen die Kleinstaaterei im sog. Deutschen Bund zu protestieren, denn fehlende nationale Einheit und unzählige Zollschranken blockierten jede unternehmerische Initiative. Freiheit war die Forderung der Stunde, freier Handel, freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit, Aspekte von Freiheit, die uns heute in den westlichen Demokratien so selbstverständlich sind wie das Recht auf Bildung und freie Wahlen. Dass das nicht immer so war, ist heute in Vergessenheit geraten. Das preußische Militär trieb damals die ersten Liberalen auseinander, wie auch das nur 16 Jahre später erste frei gewählte deutsche Parlament in der Frankfurter Paulskirche, wo die Liberalen als starke Fraktion zwischen den „Rechten“ und den „Linken“ – diese Bezeichnungen stammen nämlich aus der damaligen Sitzordnung! – die Mitte bildeten.
So lag es wohl nicht nur am guten Umstädter Wein, dass Umstadts Liberale und ihre Gäste in nostalgisches Schwärmen gerieten, als die Sonne als glühend gelber Feuerball in den Bäumen der Dieburger Bucht unterging!
Margarete Sauer, Fraktionsvorsitzende der FDP Groß-Umstadt
