Stellungnahme der FDP zur Windenergie in Groß-Umstadt

15.01.2024

Auf der Erde gibt es etwa 1000 mal mehr Energie aus natürlichen Quellen, als die Menschheit verbraucht. Und bei Energie aus Sonne, Wind und Wasser entstehen beim Betrieb weder CO2 noch sonstige schwer abbaubare Rückstände. Allerdings steht diese Energie nicht überall gleichmäßig und jederzeit zur Verfügung. Und zur Nutzung braucht man PV Anlagen, Windräder und Staudämme, die auch wieder zum Teil massive Auswirkungen auf die Natur haben. PV Anlagen benötigen große Flächen, die zugebaut werden und als Ackerland verloren gehen, Staudämme blockieren den Wasserlauf mit allen Folgen für Fischwanderung und Sedimenttransport. In einigen Küstengebieten geht der Strand verloren, weil die Sedimente nicht mehr ankommen und sich stattdessen in den Stauseen absetzen und sie dadurch hindern, ihre Funktion als Wasserreservoir zu erfüllen. Zusätzlich besteht das Risiko eines Staumauerbruches. Und Windräder gefährden Flugtiere, beinträchtigen Wohngebiete und haben neben Schattenwurf auch eine Veränderung des Landschaftsbildes zur Folge. Aber auch Stromleitungen, Straßen, Schienen und Gebäude verändern das Naturbild.

All unser Tun hat Einfluss auf die Umwelt, und wir stehen vor dem Dilemma, dass wir viele Auswirkungen erst im Nachhinein feststellen. Ist es besser, in Kraftwerken auf kleinem Raum Öl oder Gas zu verbrennen sowie Atomkraft zu nutzen oder bei einem Vielfachen des Flächenbedarfs Anlagen für erneuerbare Energien aufzubauen? Vor einigen Jahren wurde diese Frage noch anders beantwortet als heute. Und genauso wenig wissen wir, wie die Antwort in 100 Jahren aussehen wird. Wie wichtig wird die Produktion von Lebensmitteln bei einer immer weiter wachsenden Weltbevölkerung und kleiner werdenden landwirtschaftlichen Fläche sein?

Bei dem Standort für Wind – und Solaranlagen ist die natürliche Lage sehr entscheidend. Solar braucht Sonne, die mit jedem Breitengrad weiter südlich umso stärker und ertragreicher wird. Beim Wind kommt es stark auf die Geländegestaltung an. Und so sind die Höhen bei Groß-Umstadt wesentlich geeigneter als die Ebenen in anderen Teilen des Kreises. Darum konzentriert sich der Ausbau hier im Kreis auf die Höhe zwischen Heubach und Dorndiel. Dass die Bewohner dieser beiden Dörfer dies kritisch sehen, ist sehr verständlich. Bedeutet dies doch einen massiven Eingriff in ihr gewohntes Umfeld. Ein Verzicht auf die Windräder – bei allen noch ausstehenden Fragen zur Energienutzung und Speicherung – bedeutet jedoch eine höhere Abhängigkeit von Energieimporten mit allen diesbezüglichen Risiken. Zudem kann man nicht von anderen verlangen, Windräder aufzustellen, wenn man selbst keine will.

Die neuen Windräder können rechnerisch mehr Energie erzeugen, als in ganz Groß-Umstadt gebraucht wird. Aber wir leben in Groß-Umstadt nicht isoliert, wir sind Teil von Hessen. Und am Energiebedarf des Kreises gemessen, reichen die 10 Windräder nicht einmal aus. Und bei anderen Kommunen im Kreis gibt es, wie oben ausgeführt, nicht so gute Bedingungen wie hier in Groß-Umstadt. Man sollte darüber nachdenken, ob die betroffenen Bürgern eine Entschädigung in Form eines günstigeren Stromtarifs bekommen können, schließlich hat nicht jeder Bürger die finanziellen Mittel, um sich bei der Betreibergesellschaft zu beteiligen. Mit einer solchen Maßnahme würde der Betreiber zeigen, dass er die Sorgen der Bürger versteht, und das Verständnis sowie die Bereitschaft der Anwohner ließen sich verbessern. Jedoch sollten auch die betroffenen Bürger und nicht nur die Grundstückseigentümer davon profitieren.

Als FDP sehen wir es sehr kritisch, dass bei Windrädern nach 20 Jahren, also nach Ende der garantierten Einspeisevergütung, ein wirtschaftlicher Weiterbetrieb oft nicht gegeben ist und die Turbinen abgerissen und neugebaut werden müssen um wieder die EEG fördeung zu erhalten. Dies ist nicht nachhaltig und verbraucht unnötige Ressourcen. Im Rahmen des „Energie-Sharing“ sollte es möglich sein, den Strom direkt von den Windturbinen zu günstigen Konditionen zu beziehen, unabhängig von der Laufzeit nach EEG Gesetz.

Zurzeit sehen wir keine vernünftige Alternative zur Nutzung der Windenergie, neben dem Klimaaspekt sind auch die Stromgestehungskosten entscheidend (Produktions- und Folgekosten nach Berechnung von Focus: PV 9 Cent/KWH, Windenergie an Land 6 Cent/KWH, Windenergie auf See 11 Cent/KWH, Kohle 27 Cent/KWH, Erdgas 17 Cent/KWH, Atomkraft 34 Cent/KWH).

Unabhängig von der Notwendigkeit des weiteren Ausbaues sei hier noch eine Überlegung zum Zusammenhang zwischen der Nutzung der Windenergie und der Nutzung des Waldes als Energielieferant ergänzt. Die Erzeugung von Strom durch eine Windturbine entspricht, je nach Größe des Windrades und der Leistung des Waldes, etwa der Energiebereitstellung von 200 bis 500 Ha Wald. Etwas vereinfacht bedeutet dies, wenn das geplante Naturschutzgebiet Forstwald bei Dieburg (etwa 170 Ha) weiter bewirtschaftet würde, könnte auf eines der geplanten Windräder verzichtet werden. Hier ist die Frage, welchen Prioritäten Vorrang gewährt wird.

Die Nutzung der Windenergie hier in Groß-Umstadt darf nicht über die Köpfe der Anlieger hinweg durchgeführt werden, auch wenn die Stadt auf die Nutzung im Bereich von Hessen Forst nur geringen Einfluss hat. Die Bürger müssen über die Infoveranstaltungen hinaus mitgenommen werden und auch ein finanzieller Ausgleich sollte möglich sein.

Lothar Storck  FDP Groß-Umstadt