Freiheit ist das einzige was zählt

25.03.2023

Warum die Liberalen gerne naiv bleiben …

Von allen Grundrechten in unserer Verfassung ist das der Freiheit das wichtigste, schon weil es in so vielen Nuancen daherkommt: Freies Wahlrecht, Freiheit der Berufswahl, Freizügigkeit, freie Partnerwahl, Versammlungsfreiheit (auch Demonstrationsrecht), Meinungsfreiheit und natürlich: Pressefreiheit! Aber die besondere Bedeutung der Freiheit beruht auch auf ihrem Doppelwesen: Neben der Freiheit von etwas (Bedrückendem, Einschränkendem) steht die Freiheit zu etwas und letztere geht mit dem Mut zur freien Entscheidung und mit Verantwortungsbewusstsein einher. Pressefreiheit ohne Verantwortungsbewusstsein für vollständige und vorurteilsfreie Berichterstattung (nur bei Kommentaren gelten andere Regeln!) stellt das ganze Grundrecht in Frage.

Dieses Verantwortungsbewusstsein vermisst man in eklatanter Weise beim Bericht über die letzte Stadtverordnetenversammlung unter der Überschrift „Zisternen auch um Hochwasser zu vermeiden“ auf der Titelseite der Dienstagausgabe vom 28.03.23. „Die FDP wollte das Wort verpflichtend aus der Satzung streichen lassen“, liest man im vorletzten Abschnitt der rechten Spalte, nicht aber, warum die FDP diesen Änderungsantrag eingebracht hatte. Dabei hatten wir schon in allen vorberatenden Ausschüssen unsere Position klar begründet: Weil wir Liberale uns gegen undifferenzierte Ver- und Gebote verwahren, die die Entscheidungsfreiheit des Bürgers einschränken. Wir setzen auf die Überzeugungskraft einer sinnvollen Innovation und die bewusste Entscheidung des einzelnen Individuums, im vorliegenden Fall  für nachhaltige Wasserwirtschaft, Umwelt- und Hochwasserschutz, lehnen aber staatliche Bevormundung und Gängelung durch die Verwaltung ab. Der verpflichtende Einbau von Zisternen zur Gartenbewässerung und zur Brauchwassernutzung bei Neubauten ohne entsprechende Förderung, die „vom Tisch“ ist (Z.45), wird die ohnehin schon hohen Baukosten so erhöhen, dass es dem Mittelstand, also den jungen Familien mit Kindern, die mit ihrer Arbeitsleistung den Wohlstand unseres Landes und dessen Zukunft sichern, den Bau eines Eigenheims erschweren bzw. verunmöglichen würde. Der liquide Investor wird dagegen durch die Verpflichtung nicht nennenswert belastet. Die FDP vertraut darauf, dass der umweltbewusste Bauherr, der diese sinnvolle Investition stemmen kann, sich auch für den Einbau einer solchen Zisterne entscheiden wird. Aber der, der es nicht kann, weil er mit zwei Gehältern sehr knapp kalkulieren muss, dem soll durch die Verpflichtung nicht die Möglichkeit zum Bauen genommen werden. Die FDP will diesen sozialen Aspekt im Blick behalten und nicht nur Großinvestoren und Unternehmern nützen. Wäre das nicht eigentlich die Aufgabe der SPD?

„Während der FDP-Antrag glatt durchfiel, …“ liest man im letzten Satz des Leitartikels, „wurde der Grünen-Antrag mit knapper (!) Mehrheit von Grünen und SPD (! Hervorhebungen von mir!) angenommen“.  Natürlich ist das Adverb „glatt“ nicht eindeutig definiert, im Kontext suggeriert es aber, als hätte es keine Diskussion darüber gegeben. Die aber wird wie so oft im Bericht ausgespart. Es war sogar ein Vertreter der SPD, der die FDP-Fraktion „bewunderte“, mit welcher Konstanz (oder Naivität?) sie immer wieder Vertrauen in die Einsichtigkeit des Bürgers setze. Ja, wir vertrauen auf die Mündigkeit des Bürgers und sehen uns darin durch viele Entwicklungen bestätigt. Zisternen zur Gartenbewässerung? Seien wir doch mal ehrlich, brauchte es dazu einer Verpflichtung? Ich kenne keinen Haus- und Gartenbesitzer, der nicht seit Jahr(zehnt)en Sammelbehälter für Regenwasser in seinem Garten aufgestellt hätte, schon weil Regenwasser viel gesünder für die Pflanzen ist als Leitungswasser und natürlich auch billiger. Die Einsicht und der Markt regeln die Entscheidungen, nicht der Zwang oder Verbote. Und so wird es auch mit der Brauchwasserzisterne kommen: Sobald sie durch die technische Entwicklung kostengünstig und für jedermann erschwinglich angeboten wird, wird sie der Bauherr auch einbauen. Wenn dieses Vertrauen in wertschöpfende Innovationen von Forschung und Wirtschaft auf der einen und in eigenständiges Denken und Handeln des Bürgers auf der anderen Seite naiv ist, dann werden wir Liberale dieses Etikett mit Stolz tragen.

Dr. Margarete Sauer, Fraktionsvorsitzende der FDP Groß-Umstadt