FDP lehnt Zweitwohnungssteuer ab

03.05.2023

„Quick win(s)“! Spätestens seit der emotionalen Diskussion um die Pferdesteuer kennt ihn wohl jeder, diesen Begriff, einer jener ohnehin wenig geliebten Anglizismen, der zudem den Beigeschmack von unseriöser Lotterie oder schneller Abzocke nicht loswird. Und doch ist es ein Fachausdruck der Haushaltskonsolidierung, dem Politik und Verwaltung in den von der Freiherr-vom-Stein-Stiftung im letzten Sommer durchgeführten Workshops sogar eine längere Phase der gemeinsamen Gruppenarbeit widmeten. Ausgaben senken oder Einnahmen erhöhen – das sind formelhaft verkürzt die Möglichkeiten, einen Haushalt nachhaltig zu konsolidieren, und da die Einnahmen einer Kommune im Wesentlichen aus Steuern und Gebühren bestehen, liegt es nahe, hier an der Stellschraube zu drehen: Friedhofsgebühren zu erhöhen, Straßengebühren einzuführen, Kindergartengebühren zu erhöhen oder eben irgendetwas zu besteuern, was bislang steuerfrei zur Verfügung stand. „Quick“ (= schnell) wird der Gewinn dadurch, dass es im Grunde nur einer rechtzeitigen Ankündigung und dann einer rechtskonformen Satzung bedarf, um die Steuer rückwirkend zum Beginn eines Haushaltsjahres einzuführen. „Quick“ meint aber auch, dass die Einnahme leicht, d.h. ohne größere vorherige Investition zustande kommt im Gegensatz zu einer Einsparung, für die man zunächst mit einer größeren Summe in Vorlage treten muss, wie es bei den Gebühren für Wasser und Abwasser geschah, als die Umstellung auf teure digitale Zähler erfolgte, die dann langfristig Personalkosten einsparen sollen.

Die geplante Zweitwohnungssteuer gehört nach Auffassung der Liberalen nicht zu den sinnvollen Maßnahmen der schnellen Einnahmenerhöhung, auch wenn sie eine „Aufwandssteuer“ ist, die die „Einkommensverwendung für Dinge, die über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs (eben das Innehaben einer zweiten Wohnung) hinausgehen“, besteuert. Von Steuerbefreiungsgründen rät der Hessische Städte- und Gemeindebund ab, eine Ausnahme stellen Wohnungen in Alten- und Pflegeheimen dar. Wen trifft die Steuer demnach? Studenten, die noch bei ihren Eltern gemeldet sind, ausländische Arbeitnehmer, die hier dringend gebraucht werden, Hausbesitzer, oft ältere, die eine Zweitwohnung nicht vermieten, weil sie Modernisierungen nicht finanzieren können oder den organisatorischen Aufwand fürchten. 245 Personen haben in GU eine NW gemeldet, nur 60 werden als Steuerpflichtige übrig bleiben, weil man mit 185 Abmeldungen oder Steuerbefreiungen rechnet – von weiteren Abmeldungen sei „auszugehen“, heißt es in der Vorlagenbegründung, wodurch die „auf Basis derzeitiger Zahlen kalkulierbaren Einnahmen nicht erreicht werden“ . Und die belaufen sich bei einer Steuerpflicht von 900 Euro auf 72.000 Euro, von denen knapp 30.000 Euro Ausgaben in Abzug gebracht werden müssen, vor allem weil eine Arbeitskraft mit 19,5 Wochenstunden dafür eingestellt werden muss.

Ist das ein echter „Quick win“? Erfahrungsgemäß werden Stellen, die einmal geschaffen wurden, nie mehr abgebaut – die Ausgabe bliebe also, auch wenn die Einnahmen deutlich niedriger ausfallen werden. Andere Kommunen in Hessen haben die Zweitwohnungssteuer deshalb wieder abgeschafft. Verantwortungsbewusster Umgang mit Geld sieht nach Auffassung der Liberalen anders aus: Gerade im Personalbereich sollten Stellen eingespart werden, KW (= Kann wegfallen“)- Stellen konsequent nicht neu besetzt und schon gar keine unnötigen neuen Stellen geschaffen werden. Ausgaben sollten gesenkt werden durch Entbürokratisierung, durch die Beschleunigung von Vorgängen mittels Digitalisierung, durch Einsparung von unsinnigen Planungskosten, durch Verzicht auf überteuerte Investitionen, wie sie die öffentliche Hand kennzeichnen. Es kann nicht angehen, dass der Mittelstand für diese Versäumnisse von Verwaltung und Politik zur Kasse gebeten wird!

Dr. Margarete Sauer, Fraktionsvorsitzende der FDP